Alles neu im Januar?!

Die gleich zu Beginn des Jahres statfindenden Möbelmessen gelten in der Designbranche als Feuerwerk. Allerdings hat man in den letzten Jahren eher das Gefühl, dass aus dem Feuerwerk an neuen Designs eher ein Zündeln geworden ist. Und 2015?

Egal wie die bisherigen Messen waren, die Erwartungen vor jeder neuen Möbelmesse sind immer wieder groß. Gibt es neue, spannende Designs? Innovationen? Neue Materialien? Wurde gar experimentiert? Um zum erlauchten Kreis derjenigen zu gehören, die die Neuheiten zum ersten Mal sehen, anfassen und darüber fachsimpeln, können Designfans auch keine frostigen Januar-Temperaturen oder gar Schneefall aufhalten. Zudem heißt es früh da sein, denn es warten elf Hallen darauf an einem Tag erkundet zu werden. Und los geht`s, ich bin mit einem echten Designer unterwegs. Mirko Diederichs begleitet mich und hier sind meine Messe-Highlights.


Junge Talente

Noch ist es früh, kurz nach Öffnungsbeginn, und der Andrang gering. Der beste Zeitpunkt, um die Hallen in Augenschein zu nehmen, wo es im Laufe des Tages voraussichtlich eng werden wird: Unter anderem bei den vielversprechenden "innovativen Designs" in Halle 1. Hier können sich Schulen, Netzwerke und junge Designer präsentieren, die noch ohne den Einfluss von großen Unternehmen und deren Prämissen im Hintergrund ihren Gestaltungsideen freie Lauf lassen. Gut, was dabei heraus kommt ist oftmals noch sehr experimentell, trotzdem sind oftmals tolle und ausbaufähige Ansätze dabei. Das war auch in diesem Jahr wieder der Fall. Schaut selbst ...


Et voilà, eine Stuhlevolution

Es ist eine Sache, ein Möbel aus einer Pressemappe zu kennen oder es wirklich live sehen und anfassen zu können. So erging es mir mit dem Satsuma Stuhl von SchneiderSchram, den die Designer Läufer & Keichel entworfen haben. Sein Konzept geht wie der Name schon sagt zurück auf das Konstruktionsprinzip von Satsuma-Kisten: Dünne Hölzer und Stuhlbeine, die wie die aussteifenden vier Ecken der Obstkisten einen dreieckigen Querschnitt haben. Clever - Stabilität bei der Hälfte an Materialeinsatz. Mit seinen 3,5 kg war der Stuhl damit leichter als meine Tasche ...  Neben dem Satsuma-Chair, neuen Farben und einem passenden Hocker hat SchneiderSchram auf der Messe einen weiteren Stuhl vorgestellt: den Rip Chair. Zugegeben, ein Leichtgewicht ist das gute Stück mit seiner Vollholzkonstruktion aus Eiche oder Nussbaum nicht gerade und auf den ersten Blick wirkt er auch recht starr, das ändert sich jedoch sobald man sich setzt. Die Rippen im Rücken sind nämlich mit Carbonstäben verbunden und geben angenehm nach. Ein weiterer Vorteil: Die Variante mit Armlehnen kostet nur geringfügig extra, schließlich muss nur eine Rippe geändert werden. So wird aus Adam ganz schnell Eva ;)

Tapetenklang

Tapeten können klingen? Oh ja und wie! Das wurde uns am Stand der Initiative Textile Räume c/o des Tapeten Instituts in Halle 3 bewiesen. Die aufgehängten Tonnen waren im Innern jeweils mit einer charakteristischen Tapete ausgekleidet, zu der passende Klänge eingespielt wurden. Zum Beispiel eine grüne florale Tapete mit versteckten Vögeln im Design mit Gezwitscher im Hintergrund - so wirkten die Tapeten geradezu lebensecht.

Sitzlandschaften

Sitzlandschaften sind in den letzten Jahren das Thema schlechthin der Polstermöbelhersteller gewesen. Egal ob geschwungene bzw. organische Formen, die sich flexibel erweiterbar um den Wohnzimmertisch winden oder schier endlos verbreiterte Sitzflächen. Am Stand von de Sede sind wir nun auf eine Umsetzung gestoßen, die dem Namen "Landschaft" wirklich mal alle Ehre macht: die Sofaelemente DS-1025 von Ubald Klug. Nicht nur die geografische Anmutung ist gut getroffen, die Lederelemente sind auch verdammt bequem.

Rollin`

Stylische Gartenmöbel sind eine tolle Sache, doch wo lässt man sie, sobald es ungemütlich wird? Ob Keller oder Abstellraum, sperrig stehen sie dann oftmals im Weg. Nicht so KOII von müller möbelwerkstätten. Die Liege mit ihrer ergonomischen Blattform aus der Feder von Designer Sascha Akkermann lässt sich wie ein Badehandtuch mit wenigen Handgriffen einfach auf- oder zusammenrollen. Hier braucht man nicht überlegen, ob sich das Hervorkramen bei den ersten Sonnenstrahlen im Frühling schon lohnt - man macht es einfach! Und keine Bange wenn sie trotzdem nass wird. Das relativ leichte Birkenschichtholz ist mit einer farbigen PVC-LKW-Plane überzogen, das der Witterung trotzt. Aus einem bunten Kanon mit Liegen in Perlweiß, Zinkgelb, Lichtbalu, Blassgrau, Anthrazitgrau und Karminrot auf Balkon oder Terrasse wird für Normalverdiener jedoch schnell ein reduzierter Auftritt bei knapp 500 € pro Stück (ohne Bezug!) - aber gutes Design hat eben seinen Preis.

Jungle

Hach ja, Bretz. Ein ganz besonderer Kandidat - hier spalten sich die Gemüter. Entweder man liebt die ausgefallenen Polsterstücke oder man hasst sie. Zu welcher Gattung ich gehöre ist wohl offensichtlich, auch wenn meine Wohnung wohl nie mit dem blauen Sessel im Napali-Look oder einem anderen Element bestückt wird. Da fehlt schlichtweg der Platz und was bringt das schönste (und teuerste) Möbel, wenn es in eine Ecke gequetscht wird?! Dafür freue ich mich jedes Jahr umso mehr auf das Bretz-Standdesign - und wurde auch in diesem Jahr nicht enttäuscht!


Cooking

Spätestens zur Mittagszeit zieht einen der verführerische Geruch in die Halle 4 zur Living Kitchen. Beim Livecooking zeigen Spitzenköche, wie einfach und/oder effektiv die neuen High-End-Geräte funktionieren. Was bei denen jedoch so einfach aussieht, würde bei meinem Talent wohl eher in einem Notruf bei der Feuerwehr enden. Aber ich bin zuversichtlich, denn wenn das mit der Entwicklung so weitergeht, kann sogar ich bald ein schmackhaftes vier Gänge-Menü zaubern. Die Hersteller sind nämlich gar nicht mehr weit davon entfernt, das Kochen so weit zu automatisieren, dass man nur noch die Zutaten einkaufen und in den richtigen Mengen hinzugeben muss. Kurzum, das Smart-Home ist am Herd angekommen. Besonders die Backöfen von Neff sind hier auf einem sehr hohen Niveau.

Eine sehr interessante und experimentelle Herd-Studie hat Bauknecht vorgestellt. Auf dem Touch-Display haben hier nicht nur Töpfe Platz, die sich selbstverständlich beliebig verschieben lassen und ihre Temperatur mitnehmen, es ist auch gleich eine Waage-Funktion integriert. Außerdem lassen sich Einkaufs- oder To-Do-Listen schreiben, Mails und Social-Media-Accounts checken oder You-Tube-Videos mit der passenden Kochshow zum Gericht abrufen. Bisher hapert es allerdings noch an dem Display, das sowohl Induktions- als auch Touch-tauglich sein muss. Zum Schluss gabs dann noch ein paar Tipps von TV-Koch Frank Rosin - richtig Kochen hat eben doch mehr mit Leidenschaft als mit Technik zu tun.


Fazit

Die diesjährige imm cologne war definitiv einen Besuch wert und hielt im Bereich der Designtalente wie auch der etablierten Unternehmen die ein oder andere positive Überraschung bereit, das erhoffte Feuerwerk gab es jedoch nicht - na dann vielleicht im nächsten Jahr ...