... in Tausen-und-eine-Nacht.

Marrakesch ist das neue Monaco! Das wollte ich erst gar nicht glauben, bis ich 2010 an der Reise "Luxus in Marrakesch" teilnahm und Einblick in eine exklusive Welt in die Stadt am Fuße des Atlasgebirges bekam. Lasst euch entführen in tausend und eine Nacht.

Gegen 14 Uhr entkamen wir dem deutschen März-Schmuddelwetter 2010 mit einem Flieger von "Royal Air Maroc" vom Flughafen Frankfurt Richtung Casablanca. Schon nach knapp zweieinhalb Stunden empfing uns dort die für den afrikanischen Kontinent typische warme und trockene Luft. Ein kurzer Umstieg in den fast leeren Anschlussflieger und nur knapp  40 Minuten später landeten wir am Flughafen Marrakesch-Menara. Während wir in der Halle noch schnell ein paar Euros gegen Dirhams umtauschten, wartete unsere Begleiterin von der Agentur noch immer auf ihr Gepäck - es sollte erst am letzten Tag und mit einem Umweg über Mauretanien ankommen. Etwas ungläubig schauten wir, als einige Passagiere ihre komplette Skiausrüstung vom Band klaubten. Dass das Atlasgebirge mit voll ausgebauten Skipisten nur knapp 45 Minuten entfernt ist, erfuhren wir erst später.


Reisetipp:

2010 wurde Marrakesch von Deutschland aus größtenteils nur von Lufthanasa und Royal Air Maroc von Frankfurt bzw. München mit Umstieg in Casablanca angeflogen, was auch relativ teuer gewesen ist. Inzwischen kommt ihr mit Ryanair wie auch Vueling Airlines relativ unkompliziert und günstig von verschiedenen Flughäfen deutschlandweit (Stuttgart, Hamburg, Frankfurt, Berlin etc.) nach Marrakesch-Menara. Koffer gehen immer mal wieder verloren. Seit dieser Erfahrung reise ich auf längeren Strecken immer nur mit mindestens einer Wechselgarnitur im Handgepäck.


Im fünf Sterne Resort "Le Pavillon du Golf" empfing man uns mit Champagner und einem kleinen Snack, während unser Gepäck diskret auf die Zimmer gebracht wurde. Viel Zeit das laue Lüftchen auf der mit eleganten Blumengebinden geschmückten Terrasse zu genießen oder die luxuriösen Suiten zu beziehen blieb uns durch die gepäckbedingte, verzögerte Ankunft jedoch leider nicht. Das Abendessen in der Stadt erwartete uns.


Im Comptoir Darna ist nicht nur die Atmosphäre authentisch marokkanisch mit seiner eleganten Einrichtung, dem unterschwelligen Duft nach Jasmin und Rosen sowie leisen Lautenklängen im Hintergrund. Vor allem die Köstlichkeiten die uns gereicht wurden, überzeugten meinen europäischen Gaumen mit einer kulinarischen Entdeckungsreise durch die orientalische Welt.


Tag 2 - Tradition und Moderne

7.30 Uhr, unerbittliches Weckerklingeln. Auch wenn das himmlisch bequeme Bett in meiner Suite zum Weiterschlafen einlud, so wartete das Frühstück und danach ein volles Programm auf uns. Der Blick vom Balkon auf den zum Resort gehörenden Golfplatz zeigte zudem strahlend blauen Himmel. Also nichts wie raus aus den Federn!


Während wir auf die Ankunft unseres Guides und unseren Bus warteten, nutzte der Hotelchef die Gelegenheit uns durch die Anlage zu führen. Am Fuße der majestätischen Bergwelt des Atlasgebirges vermittelt das Hotel durch seinen traditionell angelehnten Baustil mit kleinen Innenhöfen samt plätschernden Brunnen und bunten Fliesen wahrlich marokkanisches Flair. Dabei wird uns nicht nur das Haupthaus gezeigt, sondern auch die privaten Häuser mit Butler, in denen schon royale Häupter aus dem britischen Königshaus genächtigt haben. Preis: Ebenso königlich wie die Annehmlichkeiten.

Als kleine Erfrischung erwartete uns dabei eine marokkanische Teezeremonie. Für mich eine Offenbarung. Obwohl quietschig süß, schmeckt der marokkanische Minztee einfach großartig! Seit dieser Reise habe ich immer Minztee im Haus, auch wenn Teebeutel natürlich kein Vergleich zum Original sind, der in einem verschnörkelten Kupfersamowar gekocht und in hohem Bogen zielsicher in feine Gläser gegossen wird.


Tipp:

Auch wenn es für die figurbewusste Ernährung nicht gerade zuträglich ist, in marokkanischen Minztee gehört einfach richtiger Zucker! Man muss es ja nicht ganz so klebrig süß machen ...


Durch die außerplanmäßige Hotelführung waren wir allerdings spät dran für unser Mittagessen in der Stadt. Vorbei am Hauptbahnhof und dem Opernhaus ging es in den Stadtteil Guéliz ins Le Azar.  Mit seiner neoorientalischen Ausrichtung stellt das Azar eine zeitgenössische Annäherung an die libanesische Brasserie dar. Die Küche bietet traditionelle Köstlichkeiten sowie hausgemachte Leckereien und Süßigkeiten aus der wir einen breiten Auszug probieren durften. Mmmhhhhh ...


Eigentlich soll man nach dem Essen ja nicht schwimmen, aber für die Besichtigung des Spabereichs des Naoura Barrière haben wir gerne eine Ausnahme gemacht. Mit einer Spa-Landschaft von über 1.200 qm bietet das L`hôtel & Ryads Naoura Barriere eine Verbindung zwischen französischer Tradition und marokkanischer Authentizität. Aus den Wellnessmassagen mit heißen Steinen & Co. durften wir uns eine Anwendung aussuchen. Von kundigen Händen entspannt ging es danach wie auf Wolken weiter.


Jrina, unser fließend Deutsch und Französisch sprechender Guide, führte uns sicher und mit einem Auge darauf, dass keiner verloren ging durch die verwinkelten Gassen der Souks (Marktviertel) zum berühmten Platz Djemaa el Fna.


Reisetipp:

Bis auf Lebensmittel heißt es immer handeln, wenn ihr etwas kaufen wollt! Traut euch, auch wenn es im ersten Momant ungwohnt ist, kann das sogar richtig Spaß machen. Die Händler setzen den Preis von vornherein höher an um Spielraum zu haben. Werdet aber nicht unverschämt, irgendwann ist Schluss.


Mittendrin machten wir Halt im Bahia-Palast, dem größten und wohl bekanntesten Palast Marrakeschs. Mit seinen enormen Ausmaßen von 8.000 Quadratmeter war er  u. a. Drehort von „Der Wüstenlöwe“ oder „Lawrence von Arabien“. Nach außen abweisend offenbart sich im Innern eine Pracht an Wohnräumen und ineinander übergehenden Innenhöfen mit orientalischen Formen und Verzierungen, die mich mehr als staunen ließ. Wie eine eigene kleine Welt sind Paläste und Riads (traditionelles marokkanisches Haus bzw. Palast) nach den klassischen gesellschaftlichen Strukturen aufgeteilt in Bereiche für Männer, Frauen und Kinder. Und je nach Stand mehr oder weniger verziert bzw. mit edlen Materialien ausgestattet. In diesem Palast erreicht die marokkanische Baukunst wahrlich einen Höhepunkt. Unbedingt anschauen!!!


Reisetipp:

In der Medina gibt es einige Paläste, Riads, Museen, Moscheen und Bauwerke zu besichtigen, die sich wirklich lohnen. Es lohnt sich, hier vorab einen Reiseführer zu kaufen.


Weiter gehts zwischen den ockerfarbenen Häusern hindurch bis sich vor uns der Djemaa el Fna öffnet. Verkäufer in weißen Gewändern bieten hier orientalische Leckerbissen jeglicher Art an. Vom fruchtigen Granatapfel über in Pfannen dampfenden Schnecken bis zum würzigen Schafskopf kann man in den Düften und dem Anblick schwelgen. Wie gut, dass wir noch satt waren vom ausgiebigen Mittagessen. Spannend wird es auf dem weiteren Weg über den Platz, wenn man an Geschichtenerzählern, Wahrsagern - leider sprechen diese kein Deutsch  - Feuerschluckern oder Schlangenbeschwörern vorbei kommt. Gegen einen kleinen Obelus Dirhams, den unser kundiger Guide natürlich griffbereit aus der Tasche zauberte, durften wir das gebotene Spektakel dann auch fotografieren. Hier hätte ich noch stundenlang weiterschlendern können.


Reisetipp:
Achtung, Langfinger! Passt hier besonders auf Taschen, Handy & Co. auf. Kleine und große Diebe sind hier geschickt und sehr schnell ...


Aber schnell weiter, schließlich wurden wir im neuen Restaurant Democrite des Hotels Ithaque erwartet. Die Hoteleröffnung war damals für September 2010 geplant, wir hatten jedoch die Ehre einer Vorabbesichtigung samt Treffen der Designer. Auf dem inzwischen dunklen Hof empfing uns Berberromantik mit Lagerfeuer und Musik. Nach der anfänglichen Begeisterung über diese marokkanische Authentizität hinter den dicken Mauern wich der Eindruck der enttäuschten Erkenntnis einer gekonnten Inszenierung. Traditionelle Baukunst als Grundlage trifft hier auf minimalitisches Design in Verbindung mit Designerstücken aus der Feder von Philippe Starck oder Swarovski-Leuchten. "Exklusiv" trifft es wahrscheinlich am besten und das wird auch die Klientel sein, die hier absteigen soll, denn die Homepage ist nur mit Passwort erreichbar.

Die Küche ist im wahrsten Sinne eine Überraschung der besonderen Art, denn Küchenchef Bruno Viala kredenzt hier molekularinspirierte Offerten. Übersetzt heißt das zum Beispiel Tomatensuppe in Cräckerform zum Knabbern ... Trotz des Menüs mit seinen mehr als acht Gängen war die Füllmenge nicht mehr als ein Schmeckhaps. Wie gut, dass wir tagsüber schon so reichlich versorgt wurden. Wenn sie auch nicht mich überzeugte, so trifft diese ausgesuchte und teure Speisenauswahl aber ganz bestimmt den Geschmack der verwöhnt-überraschungsbedürftigen Zielklientel a la Paris Hilton. Ausgesucht war jedenfalls auch - und hat mich überzeugt - die Weinauswahl. Einen echten marokkanischen Rotwein bekommt man aufgrund der reduzierten Abfüllmenge nicht alle Tage ins Glas, erst recht nicht in Europa!


Tag 3 - Filmkulisse, Riads und Handwerk

Nach Ankunft unseren Guides ging es heute durch die Palmeraie vorbei an trägen Kamelen zum Mandarin Oriental Jnan Rahma. Das Hotel war Drehort des Films "Sex and the City 2". Die Stilikonen Carrie Preston alias Sarah Jessica Parker & Co. waren also schon hier gewesen. Kaum zu glauben, schließlich ist das Hotel zum Zeitpunkt unseres Besuchs nicht mal fertig! Als luxuriöse Traumkulisse für 1.001-Nacht war es jedoch hervorragend geeignet, wie auch wir trotz des noch unfertigen Zustands feststellen mussten. Dass es noch keinen laufenden Hotelbetrieb gab, der bei den Dreharbeiten stören konnte, kam dem zusätzlich entgegen. Für eine "belebte" Umgebung im Film sorgten bis zu 1.000 Statisten am Tag, die zum Teil sogar eingeflogen wurden.

Vom Hotel war der äußere Teil sowie ein paar "Vorzeigesuiten" fertig gestellt. Auf Baufolie liefen wir durch das Gebäude und versuchten uns vorzustellen, wie zum Beispiel das Restaurant im Hauptgebäude aussehen würde. Im riesigen Wellnessbereich fehlte zwar noch das Wasser, trotzdem konnte man schon erahnen, wie wunderbar es sich hier entspannen lassen wird. Im Gelb gehaltenen Ballsaal mit goldenen Verzierungen wurde zwar noch nicht getanzt, dafür kräftig gewerkelt und u. a. in Handarbeit Bettpfosten für die Suiten gedrechselt. Vielleicht wurde die Eröffnung - ursprünglich Juli 2010 - deshalb so oft verschoben. Oder es lag am Perfektionismus des amerikanischen Architekten Stuart Church, der uns während der Besichtigung begegnete und der angeblich die Platzierung jedes einzelnen Strauchs überwachen soll.

 

Kurze Zeit später fanden wir uns dann in der teuersten Suite des Hotels wieder, in der schon die Hollywood-Diven herumtrippelten, naschten in Begleitung von Zitterklängen vom sündigen Snackbuffet mit Engelshaar & Co. und genossen die leider etwas verhangene Sicht zum Atlasgebirge. Im Film sieht man hier später Meer und kein Gebirge, aber sowas nennt sich dann wohl künstlerische Freiheit.


Der Müßiggang dauerte nicht lange, schon ging es zurück in die quirlige Medina (Altstadt). Ein weiterer Exkurs durch die verwinkelten Gassen, bevor Jrina vor einem unscheinbaren Tor anhielt und uns eintreten ließ - plötzlich standen wir in einer anderen Welt. Noch vor wenigen Sekunden war es laut und staubig, nun wurde die Stille nur von fröhlichem Vogelgezwitscher sowie Pfauenschreien unterbrochen und es lag vor uns ein kleines Paradies: Das Le Jardins de la Medina. Das Riad ist eines der authentischsten Riads Marrakeschs, denn es ist die ehemalige Residenz eines Prinzen aus dem 19. Jahrhundert. Zuletzt war es die Sommerresidenz einer Dame der Königsfamilie, der es zu klein (!) war, weshalb es verkauft und dann zu einem Hotel mit markantem Charakter im historischen Kern der Stadt umgebaut wurde. Einfach nur traumhaft! Hier macht sogar das Sporteln auf dem Crosstrainer Spaß, man fühlt sich durch den wahrlich luftigen Sportraum mitten in der Natur. Wobei spotliche Betätigung in dieser Form eher was für die kühlen Abendstunden ist, ich würde tagsüber ganz klar den hinreißenden Pool bevorzugen.

Ein bisschen Sport kann bei den Köstlichkeiten, die hier in der Küche geboten werden jedoch nicht schaden. In der Küche schwingt Sanaa Gamas den Kochlöffel, die ihr Wissen unter anderem an der Seite des Pariser Küchenchefs Cyril Lignac im Café de la Poste in der Schweiz sowie im legendären La Mammounia erworben hat. Inspiriert von traditionellen Rezepten und exotischen Gewürzen zaubert sie hier Menüs und Gerichte, die eindeutig geprägt sind von marokkanischen und fernöstlichen Aromen. Uns wurde zum Mittagessen unter anderem Lamm in der Tajine, einem typisch marokkanischen Kochgefäß gereicht - absolut göttlich!


Tipp:

Sanaa Gamas ist keine unnahbare Sterneköchin, ganz im Gegenteil! Sie gibt ihr Wissen über Hühnchen-Tajine, Auberginenpüree, Brotfladen und Mandelplätzchen backen u.v.m. gerne in individuellen Kochkursen im Hotel weiter.


Ein kleines Mittagsschläfchen in einem der zahlreichen lauschigen Plätzchen zwischen der üppigen Vegetation wäre danach eindeutig mein Favorit gewesen, doch ein wenig Kalorien verbrennen durch "shoppen" kann ja ebenfalls nicht schaden und so ging es weiter nach Sidi Ghanem. Seit Ende der 1990er ist die Sidi Ghanem, an der Straße von Safi nach Marrakesch gelegen, ein Zentrum für Kunsthandwerker, Designer, Künstler und Dekorateure, die dort traditionelle und zeitgenössische Produkte in ihren Ausstellungsräumen präsentieren.

 

Im Atelier Akkhal konnten wir einen Blick hinter die Kulissen werfen und in dem von Frauen (!) geführten Betrieb den Männern bei der Arbeit in der Keramikwerkstatt über die Schulter schauen. Nicht nur traditionelle Gefäße wie das Tajine-Kochgeschirr finden hier Absatz, den Produkten wird auch moderner Schliff und bunte Farben verliehen. Im letzten Geschäft war ich dann genau richtig, denn im Atelier Amira Bougies dreht sich alles um Kerzen. Nicht nur in verschiedenen Größen und Formen, vor allem in Duftrichtungen weitab vom europäischen Duft- Standard. Hier geht es orientalisch und außergewöhnlich zu - ein wahrer "Nasenschmaus"!


Shoppingtipp:

Im Sidi Ghanem haben sich kleine, aber mutige Unternehmen angesiedelt, die den Namen Startup verdienen. Wer hier etwas findet, sollte unbedingt vor Ort zuschlagen, denn der Export der Produkte ist aufgrund der geringen Größe der Unternehmen und der komplizierten Ausfuhrbestimmungen als Nicht-EU-Land zu teuer und kompliziert, weshalb sie hierzulande auch über das Internet leider nicht erhältlich sind. Ich ärgere mich immer noch, nicht mehr Kerzen gekauft zu haben, denn der Duft ist auch nach Monaten - sogar heute - noch richtig intensiv, kein Vergleich zum schnellen Verflüchtigen eines hierzulande gekauften Massenprodukts.


Kaum zu glauben, wie schnell die Tage vergangen sind, aber schon stand unser letztes gemeinsames Abendessen an. Es führte uns diesmal ins ausgezeichnete Restaurant des Dar Rhizlane & Spa. Die Köchin hatte hierfür das eigentlich festgelegte Menü kurzerhand über den Haufen geworfen und präsentierte als Vorspeise einen Auszug aus der Küche sowie als Hauptgericht die typische Speise der Marokkaner überhaupt: Cous Cous. Ich habe bis heute nie wieder ein Cous Cous gegessen, dass dem auch nur ansatzweise nahe kommt.

Gewürztipp:
Wenn ihr Cous Cous oder eine orientalische Speise zubereiten wollt, gebt unbedingt Raz el Hanout dazu. Die marokkanische Gewürzmischung zaubert einen Hauch Orient hinein.


Zurück am Hotel war für mich an Schlaf nicht zu denken, viel würde es eh nicht werden bei einem Check-Out um 4 Uhr.  Die Eindrücke der vergangenen Tage schwirrten in meinem Kopf herum und die laue Nacht war einfach viel zu schön. Also schnappte ich mir kurzerhand meinen Badeanzug, legte mich um 1 Uhr nachts ins Jacuzzi auf der Dachterrasse und schaute in die Sterne. Einen schöneren Abschluss hätte es nicht geben können.