Das Schauspiel ,Familienurlaub`

Ich gebe zu, ich war etwas nervös. Wie klappt das im Urlaub mit Kind, wie macht unsere Maus das mit etc. Am Ende war ich positiv überrascht wie komplikationslos alles gelaufen ist. Ich kann also definitiv sagen: Das machen wir wieder! Was mich weniger gefreut hat, war zu beobachten und mitzuerleben mit wie viel Kaltschnäuzigkeit, Egoismus, Neid und Gier viele Familien sich dort bewegt haben. Allen voran das ,deutschsprachige' Element aus Deutschen, Schweizern und Österreichern, andere Nationalitäten jedoch nicht ausgeschlossen.

Ich war wohl etwas naiv, aber ich dachte doch tatsächlich diese nervige Spezies der morgendlichen Liegen-Reservierer wäre ausgestorben. Augenscheinlich unterlag ich hier einem Irrtum, denn fein säuberlich war morgens jede (!) einzelne Liege am (Kinder)Pool mit Handtüchern belegt. Wie dreist diese Vorgehensweise umgesetzt wurde, erschreckte mich die Woche im Hotel mehr und mehr je früher ich meinen Wecker stellte dieses erbärmliche Spielchen mitanzusehen - und ich muss leider gestehen, auch mitzumachen. Was blieb mir übrig, wenn wir eine Liege nahe am Beckenrand haben wollten ... 

Also stand ich mit auf. Zuerst um kurz vor acht - zumal der Poolbereich offiziell erst ab dann freigegeben und vorher sogar mit Band und Hinweisschild abgesperrt war - und was soll ich sagen, da waren tatsächlich schon etwa 90 % der Liegen belegt. Immerhin bekamen wir hier zumindest noch zwei. Am nächsten Morgen ging ich um halb acht hin - etwa 60-70 % der Liegen belegt. An unserem letzten Morgen war ich dann zufälligerweise kurz vor sieben Uhr wach und stiefelte los. Und was soll ich sagen, es lagen schon ein paar Handtücher da, aber wir bekamen tatsächlich noch ein paar Liegen ganz vorne. Dann blieb ich erstmal sitzen und schaute entsetzt zu, wie die Leute nach und nach mit Handtüchern unter dem Arm ankamen, kurz die Lage sondierten und dann rücksichtslos auf dem kürzesten Wege durch die Blumenbeete ringsum stapften anstatt einfach unter der Absperrung durchzugehen. Geht's noch?!

Last but not least ließ sich dann über den Tag beobachten, dass ein Großteil der mit Handtüchern reservierten Liegen einsam und verlassen dalag. Da frage ich mich, warum man frühmorgens unbedingt diese Liegen reserviert?! Stattdessen sind andere Leute, die den Pool wirklich nutzen, gezwungen auf die Rasenfläche auszuweichen. Egoismus pur!

Allabendlich konnte man sich im hoteleigenen Amphitheater ab 21.30 Uhr eine Show anschauen. Die Animateure haben hier echt einen klasse Job gemacht. Zwar konnte man ,Grease' nicht mit dem Original vergleichen, aber darum geht's ja auch nicht, sondern einfach um einen unterhaltsamen Abend. Weniger schön mitanzusehen waren hingegen die Babys und Kleinkinder, die völlig übermüdet in den Sitzen ,hingen'. Man sah deutlich, dass die Kleinen hier völlig fehl am Platz waren und keinerlei Spaß mehr an dem Entertainment hatten. Die Eltern jedoch wollten ihre Abende wohl unbedingt unterhaltsam abschließen, konnten ihre Kinder jedoch nicht im Zimmer allein lassen - anders kann ich mir diese Quälerei nicht erklären. Vor allem für das ein etwa halbes Jahr alte Baby ganz vorne in der ersten Reihe muss das grelle, flackernde Licht und die laute Musik eine regelrechte Tortur gewesen sein. Hier handeln Eltern mehr als nur verantwortungslos, die wahrscheinlich daheim auf strikte Bettgeh-Zeiten achten. Aber ist ja ,Urlaub'...

Das Essen im Hotel war wirklich gut und abwechslungsreich. Wie in den meisten Familienhotels wohl üblich und praktisch - weil von Klein bis Groß für jeden was dabei ist - fand es in Buffetform statt. Bei knapp 500 Zimmern kann man sich jedoch vorstellen, wie wuselig es zu den Stoßzeiten zuging. Das Personal war jedoch ordentlich auf Zack, wenn ein Gericht am Buffet leer war, wurde zeitnah wieder aufgefüllt. Einigen schien das trotz Allem noch nicht schnell genug zu gehen. Ein Beispiel: An einem Abend gab es einen Schokoladenbrunnen mit Obst drumherum. Besonders die Kirschen erfreuten sich großer Beliebtheit. So großer, dass der Kellner mit dem Nachschub nicht mal dazu kam vor Ort wieder aufzufüllen, sondern sich die Leute von mehreren Seiten wie Heuschrecken auf den Servierwagen stürzten und wie wild danach grabschten. Da wurde geschubst und gedrängelt wie im Kindergarten! Wie kann man so gierig sein, vor allem weil auch nach dem ,Schwarmangriff' noch ein riesen Berg Kirschen da war?

Ein ähnliches Szenario morgens beim Ei. An der Bratstation wurden am laufenden Band Spiegeleier gebraten. Die Platte mit den Spiegeleiern neigte sich vor mir dem Ende, aber der Herr vor mir musste sich unbedingt alle restlichen fünf (!) Spiegeleier auf den Teller legen. Frei nach dem Motto ,Meins!'. Ich kann mich nicht beschweren, ich hatte zwei Minuten später frische Spiegeleier auf dem Teller, aber Buffet scheint für manche echt eine Art Krieg zu sein, bei dem man dem anderen nix gönnt. Ach so, muss ich erwähnen, dass besagter Herr noch drei Spiegeleier auf dem Teller hatte, als der Kellner diesen abräumte?

Wen ich auch nicht unerwähnt lassen will, sind die Quatscher! Personen bzw. kleinere Gruppen, die einfach mitten im Gang stehen und sich unterhalten. Können die das nicht am Tisch, am Pool, an der Bar oder sonstwo? Nein, das muss mitten im Weg sein, sodass alle inklusive Kinder mit ihren Tellern um sie herum jonglieren müssen. Rempelt man sie zufällig an, wird man noch angepampt. Von so etwas wie gegensietiger Rücksichtnahme haben diese Personen wohl noch nie etwas gehört.

Ja, wir haben unsere Kleine im Flieger zwischendrin auch vor's Tablet gesetzt. Was soll man auf so engem Raum über mehrere Stunden auch machen? Aus dem Fenster schauen, Bücher vorlesen und Malen wird irgendwann eben auch langweilig. Aber wir versuchen das generell in Grenzen zu halten. Ich möchte hier nicht über den Medienkonsum anderer Kinder urteilen, das ist Privatsache. Was hier jedoch von nicht wenigen Familien mit Tablet & Co. praktiziert wurde, fand ich schon echt daneben und seither wundert es mich nicht mehr, dass aktuelle Studien von einem Verfall der Essenskultur sprechen. Was ich genau meine? Selbst am Tisch wurde dem Nachwuchs neben den Teller mit Pommes & Co. einfach das Tablet vor die Nase gestellt. Schlichtweg damit die Erwachsenen ihre Ruhe hatten zum Essen. Gemeinsames oder gar bewusstes Essen: Fehlanzeige! Ich finde es einfach traurig, dass hier solch eine tolle Gelegenheit für das ,Familienessen', das im Alltag mit oft zwei Vollverdienern einfach nicht mehr gut umsetzbar ist, hier einfach verschenkt wird. Das ist einfach völlig unsozial und ignorant!

Urlaub bedeutet auch Nachsicht und mehr Freiheiten, gar keine Frage. Da drückt man dem Nachwuchs gegenüber schon eher mal ein Auge zu und sieht manches etwas lockerer. Wäre auch traurig, wenn nicht. Die Leine etwas länger zu lassen oder keinerlei Konsequenz zu zeigen, ist jedoch ein Unterschied. Im Hotel konnte man echte Paradebeispiele beobachten, wie manche Kinder ihren Eltern auf der Nase herumtanzen. Und so wie das aussah, hatte das (traurigerweise) Alltags-Methode. Ein Beispiel am Buffet:

Junge: Mama, das Essen ist echt kacke!

Mom: Du sollst bitte nicht so reden.

Junge: Aber wenn das Essen nunmal scheiße ist?

Mom: Sowas sagt man bitte nicht. Mama soll doch stolz auf dich sein, dann darfst du sowas nicht sagen.

Junge: Was, Kacke oder Scheiße!

Mom: Beides.

Junge: Kacke, Scheiße, Kacke, Scheiße ...

Mom: Wenn du nicht gleich aufhörst, gehst du auf dein Zimmer ...

Junge: Kacke, scheiße, kacke ... Ey der drängelt sich vor, dann drängel ich auch vor ...

Der Junge verschwindet direkt Richtung Nudeln, grabscht den Vormann ignorierend einfach nach dem Löffel und schaufelt sich eine riesen Portion drauf. Die Mutter bleibt hinter mir in der Reihe stehen und macht gar nix. Muss man da noch etwas zu sagen?